Reden wir über das Essen, dann verschlägt es uns die Sprache. Gastrosophen schreiben von den »besten« Restaurants oder beurteilen einen Gang als »gut«. Eine Musikkritikerin käme nie auf die Idee, eine Oper als »gut« zu charakterisieren. Im Gegensatz zum Restaurantkritiker hat sie für ihre Geschmacksurteile eine eigene Sprache. Wer über Geschmack nicht streitet, beschreibt schöne Dinge, zu denen ich Opern oder mehrgängige Menüs in Restaurants, die im aktuellen Guide Michelin gelistet sind, zähle, nicht mit Adjektiven aus dem Bereich der Ethik. Ich entscheide mich stattdessen für Eigenschaftswörter aus dem Wortfeld der Ästhetik. Ein Essen als »gut« oder »schlecht« zu beschreiben, kommt einem moralischen Urteil gleich, das über den, der dieses Urteil fällt, mehr aussagt als über die Teller, die ihm vorgesetzt wurden. Vincent Klink spräche hier von »protestantischen Graubrotenthusiasten«, für die Genuss eine Sünde ist und jedes Vergnügen verdächtig. Wir Hedonisten jedoch ziehen die Kallistik der Sittenlehre vor. Wir interessieren uns für das Schöne, das unsere Sinne umfängt, wenn wir es ansehen und genießen. Zu diesen schönen Dingen zählen die Kochkunst und die Esslust.
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Reden wir über das Essen
Wir Hedonisten jedoch ziehen die Kallistik der Sittenlehre vor.