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Jean Pauls Wetterfrösche

Der Dichter als Prophet

Der Dichter Johann Paul Friedrich Richter (1763–1825), der sich aus Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau »Jean Paul« nannte, hielt Laubfrösche im Glas, um sich als Wetterprophet zu betätigen. »Um diese im Winter mit Futter zu versorgen, bewahrte er, solange es möglich war, große Brummfliegen (Musca vomitorial) auf, die er merkwürdigerweise in einen Kanarienvogelbauer einschloß, das er mit ganz dünnem Flor umgeben hatte, worin er die Fliegen reichlich fütterte, die sehr träge und unbehilflich sich darinnen bewegten und umherkrochen«, erinnerte sich der Bayreuther Mediziner Rudolf Wagner 1863. Ging Jean Paul auf Reisen, dann beauftragte er seine Frau: »Meine liebe [Tochter] Emma soll das Weibchen aufstöbern und nachsehen nach der Eierzahl und nach Empfange dieses Briefes den Fröschen 2 Fliegen geben.«

Regelmäßig schlug Jean Paul seine Wettervorhersagen an das Schwarze Brett im Palais d’Adhemar in Bayreuth, wo die »Gesellschaft Harmonie e.V.« tagte, ein Club, der Konzerte, Bälle, Lesungen und Gesellschaftsabende veranstaltete und in dem Jean Paul Mitglied war.

Jean Paul war aber nicht der einzige Wetterprophet in Bayreuth. Sein Konkurrent war ein Professor der Mathematik und Physik, der ebenfalls seine Prognosen veröffentlichte, was den Autor des Romans »Siebenkäs« ärgerte. Am 20. April 1807 triumphierte Jean Paul: »Was mich etwas froh macht […] dies ist, daß es schneiet und mein prophetischer Nebenbuhler grün und gelb wird darüber, daß es jetzt weiß wird statt grün.« Allerdings trafen die Vorhersagen nicht immer ein. »Das schöne warme Wetter unsers Richters vom 9ten an läßt mich nicht viel aus dem Zimmer«, bemerkte ein Freund Jean Pauls am 9. Mai 1807.

So erging es dem dilettierenden Meteorologen nicht anders als heute den Profis vom Deutschen Wetterdienst, nur mit dem Unterschied, dass sich die Offenbacher nicht mit Fliegen begnügen, um ihre Wetterfrösche zu füttern.

Abbildung: Die 1795 erschienene Liebesgeschichte »Hesperus« machte Jean Paul berühmt. Stefan George lobte Jean Paul als einen Dichter, der die »Rede mit unerwarteten glänzen und lichtern belebt«.

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