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Samuel Pepys‘ Fantasien

»Fashionista« sind die besten Tagebuchschreiber

Die Lektüre des geheimen »Tagebuchs« des Londoner Samuel Pepys ist heute noch unterhaltsam und lehrreich. Pepys (sprich: »Pieps«), Jahrgang 1633, notierte in seinem »Diary« von 1660 bis 1669 Politisches und viel Privates. Er klagte zum Beispiel über die »Mißwirtschaft« am Hofe König Karls II. oder berichtete über die Pest und den Großen Brand in London Anfang September 1666, bei dem er Wein und Parmesankäse zur Sicherheit im Garten vergrub.
Wie jeder Gentleman sammelte Pepys Bücher und Drucke. Die französische Modestiche in seinem Nachlass hat sich die Historikerin Marlo Avidon (Christ’s College, Universität Cambridge) näher angesehen und ist zum Ergebnis gekommen, dass Pepys sehr modebewusst war: Pepys »was very concerned with appearing a certain way and cultivating this gentlemanly reputation – both in an intellectual capacity but simultaneously as a member of fashionable society.« Kurzum, Pepys war ein »Fashionista«. Er orientierte sich an der französischen Mode, besaß aber nicht immer den Mut, die aktuellen Pariser Outfits zu übernehmen.
Aber nicht alle Modetrends des 17. Jahrhunderts setzten die Pariser. Pepys schrieb am 8. Oktober 1666 in sein Tagebuch: »Der König hat gestern eine Regelung für Kleidermoden verkündet, die von nun ab nicht mehr geändert werden soll.« König Karl II. hatte zur Jacke und Hose eine Weste angeordnet und damit den Dreiteiler erfunden. Neun Tage später bemerkte Pepys, dass »der Hof voller Westen ist« und man überall die neue Kleidung sehe. Sofort vereinbarte er einen Termin mit seinem Schneider. Der neue englische Stil breitete sich rasch aus. Auch der Rivale des englischen Königs, Ludwig XIV. aus Frankreich, befahl daraufhin den Herren, Weste zu tragen. Der Sonnenkönig wollte der englischen Herrenmode dieses Alleinstellungsmerkmal sofort wieder nehmen.

Nach Pepys’ Tod 1703 übernahm das Magdalene College in Cambridge den Nachlass seines Alumnus.

Literatur:
The Diary of Samuel Pepys. A New and Complete Transcription, 11 Bde., hrsg. v. Robert Latham und William Mattews, London 1970–1983.
Samuel Pepys, Die Tagebücher 1660–1669, hrsg. v. Gerd Haffmans und Heiko Arntz, übersetzt von Georg Deggerich, Michael Haupt, Arnd Kösling, Hans-Christian Oeser, Martin Richter und Marcus Weigelt, 9 Bände und ein Begleitband, Berlin 2010.
Marlo Avidon, »Instructive types« or mere »fancies«: assessing French fashion prints in the library of Samuel Pepys, in: The Seventeenth Century (Juli 2024), DOI: 10.1080/0268117X.2024.2373990.


Abbildung: Samuel Pepys, 1666, Gemälde von John Hayls (National Portrait Gallery, London)

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