Erführe mein Buch über »Bildung« eine erweiterte Neuauflage, dann bekäme darin »Instagram« einen eigenen Eintrag. Als Autor dieses Beitrags gewönne ich den britischen Schauspieler Stephen Fry, nicht nur weil er in der BBC-Serie »Jeeves and Wooster« als »gentleman’s personal gentleman« brillierte, sondern weil er nach einem aufregenden Morgen Ende März dieses Jahres beim Sortieren seiner Krawatten überlegte, deren Geschichten zu posten (#fryties). Frys folgende Nachrufe ehren ein Kleidungsstück, das sich in Frankfurt niemand mehr umknotet, mit Ausnahme der Kellnerinnen im »Frankfurter Hof«, Schaffnerinnen des ICE »Marlene Dietrich« oder Polizistinnen in Uniform.
Das erste Stück, das Fry aus seiner Schublade zog, stammte von der französischen Schneiderei »Façonnable«. Deren Krawatten trug in den 1950er Jahre Cary Grant. Bis in meine modische Urzeit, also bis in die Achtziger, waren Tücher von »Façonnable« Maß aller Herrenausstatterdinge. Die Marke existiert noch und sponsert heute die Monte Carlos Masters, indem sie die Uniformen der dort eingesetzten Linienrichter (und Linienrichterinnen) fertigt.
Dass sich Architekten, Philosophen, Künstler oder Verleger keine Krawatte umbinden, daran haben wir uns gewöhnt. Der Schlips galt bereits in deutschen Territorien als Zeichen der Unterdrückung: Wurde der als Mann maskierte Affe zu übermütig, schnürte ihm sein Herr die Halsbinde zu, worauf er wieder »artig und manierlich wurde« (vgl. Wilhelm Hauffs Erzählung »Der Affe als Mensch« aus dem Jahr 1827). Von diesem Trauma hat sich die deutsche Mode nie befreit. Hinzu kommt, dass der letzte Versuch, einen modischen Akzent zu setzen nach kurzem Welterfolg scheiterte. Die Tracht eines sensiblen und gebildeten Liebhabers namens Werther ahmten seine Fans solange nach, bis sie schließlich die Obrigkeit verbot.
Abbildung: Krawatte von Molani, aus der Sammlung des Vf.